Mein Abschied vom Gebiss....

Auch bei diesem Thema starteten wir ganz traditionell. Ein Pferd wird mit Zaumzeug und Gebiss geritten – das ist so! Und nach diesen Vorgaben wollte auch ich mein Pferd zum Reiten führen. Luna war noch recht jung, nicht wirklich beritten, und auf diesem Niveau waren auch meine Reitkenntnisse. Ein erster Anstoss die ganze Metallkauerei zu überdenken war ausgerechnet ein durchgehendes Pferd. Die Stute einer Bekannten ging bei einem Ausritt durch und reagierte auf keinerlei Hilfen mehr. Der guten Frau blieb nur der geplante Abstieg, der zum Glück ohne Verletzungen klappte. Vorher hatte sie im Bemühen das Pferd anzuhalten die Trense durchs Maul gezogen. Zwar waren keine Verletzungen zu erkennen, aber ich konnte mir vorstellen, welche Schmerzen das verursachen musste.

Und an diesem Punkt begann ich das Metall im Pferdemaul zu hinterfragen. Wieder einmal stieß ich auf ein Thema, das von den jeweiligen Befürwortern oft geradezu radikal vertreten wird. Ich studierte die Für und Wider von Gebiss- und gebissloser Reiterei.

Für mich stand fest, dass ich den Pferden keine Schmerzen zufügen will. Weiters will ich meine Pferde nicht zwingen, sonder mit ihrer Mitarbeit unsere Ziele erreichen.

Als ich nach einem unfreiwilligem Abgang und dem darauf folgenden Krankenstand viel Zeit auf der Koppel verbrachte, beobachtete ich etwas ganz Interessantes.

 

Setzten sich Fliegen auf Lunas Rücken, so folgte meist keine Reaktion. Lies sich aber ein Bremse (bei uns gibt es diese fiesen Viecher auch in Fliegengröße) darauf nieder, so zuckte sie heftig mit der Haut um sie zu verscheuchen. Luna spürte also den Unterschied zwischen Fliege und Bremse auf ihrer Haut! Ich folgerte daraus, dass Luna die Zügelhilfen auch ohne Gebiss wahrnehmen konnte. Ich musste ihr nur erklären, was das Gezuppel zu bedeuten hat.  

 

 

Zügelübersetzer oder.....was will er mir damit sagen?

Mein Plan war, dass ich zuerst Luna die Zügelhilfen beibringen, dann in der Bewegung alles noch festigen wollte, bevor ich mich in den Sattel schwingen konnte.

 

Da ich schon einen gut sitzenden leichten Kappzaum mit gut gepolsterem Nasenriemen für Luna hatte, starteten wir mit dieser Ausrüstung. Auf unserer etwa 1,5ha großen Wiese klippte ich Zügel in die beiden großen Führringe links und rechts, und stellte mich neben Luna.

Ich hob einen Zügel so, dass der Winkel und meine Hand der Reitposition entsprach. Nun bewegte ich meine Hand etwas zur Seite und beobachtete Lunas Reaktion. Als sie ihren Kopf leicht in die gewollte Richtung schwenkte, wanderte sogleich ein Apfelstückchen ins Pferdemaul und ich  lobte ausgiebig. Beim zweiten Mal reichte eine kleine Bewegung und schon kam ihr Kopf seitlich nach unten, mit anschließendem Hamham und Lob. Auf der anderen Seite klappte es noch schneller , und schon konnte ich die Apfelstückchen weglassen.

 

In der nächsten Steigerung folgte auf die Zügelhilfe und dem Pferdekopfschwenk die simulierte Schenkelhilfe mit der Hand. Luna sollte sich daraufhin am Stand drehen. Ich wundere mich immer wieder, wie schnell Pferde lernen. Kurze Zeit später drehte sie sich rechts und links. Dann gab es erst mal einen Tag Pause.

 

Etwas schwieriger gestaltete sich für mich die Ausführung in Bewegung. Im Schritt neben Luna herzugehen, die Zügelhand in der richtigen Position halten, die richtige Hilfe geben, und dann noch die Schenkelhilfe mit der anderen Hand simulieren war für mich offensichtlich schwerer als für Luna.

Als alles mit ganz geringen Hilfen klappte, kam der große Augenblick. Ich kletterte auf meine Aufstiegshilfe, und schwang mich in den Sattel. Das Ergebnis war überwältigend. Luna folgte den Hilfen die ich immer feiner geben konnte.

Ich bin der Meinung, dass es zwar leichter und schneller zum Ziel führt, wenn die Zügelhilfen auf empfindliche Stellen des Pferdes wirken (Maulspalte, Nasenrücken, ect..), aber letztendlich empfinde ich diese Kommunikation als sehr grob und plump.

Folgt das Pferd den feinen Signalen ohne Schmerzandrohung, so zeugt dies von großem Vertrauen. Eine Grundvoraussetzung dafür ist eine starke Bindung zwischen Pferd und Reiter und die gibts nur wenn man viel Zeit miteinander verbringt. Klare Signale zeigen dem Pferd was von ihm erwartet wird, und positive Bestätiung erzeugt das Gefühl der Sicherheit und positiver Führung.

 

 

Das unglaublich schöne Gefühl partnerschaftlich unterwegs zu sein, ist der Lohn dafür.