Auch an dieser Stelle möchten wir nicht den Versuch starten, das Verhalten von Pferden und den Umgang mit ihnen umfassend darzustellen. Es gibt auch zu diesem Thema wirklich sehr viel Literatur.
Deshalb werden wir uns hier auf unserer Erfahrungen und Beobachtungen der Verhaltensweisen unserer Pferde, sowie die Rückschlüsse die wir unter Berücksichtigung der Lebensweise der Tiere gezogen
haben beschränken aber auch unsere Ansichten darlegen.
Um das Verhalten von Pferden in diversen Situtationen ein wenig mehr zu verstehen, muss man die Entwicklung und die natürliche Lebensweise vor Augen haben.
Ganz zu Beginn eine Festellung. Ein Pferd ist kein Mensch sondern ein Pferd.
Das klingt jetzt sicher suuuuper logisch, aber viele Pferdemenschen vergessen diesen Umstand offensichtlich des Öfteren.
Mensch und Pferd unterscheiden sich grundlegend in ihrer Lebensweise und natürlich auch im Verhalten.
- Der Mensch ist ein Räuber und Allesfresser. So ist unser Körper, und natürlich auch unser Verdauungssystem aufgebaut.
- Unsere Augen sind nach vorne ausgerichtet, unser Körper ist für die Hetzjagd bestens geeignet und JA wir essen auch Fleisch.
- Als Räuber flüchten nicht grundsätzlich vor Feinden, sondern wehren uns gegen sie.
- Wir lernen schon früh spielerisch uns durchzusetzen, andere zu besiegen, und jagen später ständig unserer Beute (heute wohl Geld, Macht, Luxus...) hinterher, was bei Fehlschlägen schon mal zu
Nahrungsausfällen von mehreren Tagen führen kann.
- Auch kämpfen wir gegen andere Rudel um unser Teritorium unseren Besitz und Einfluss zu erweitern oder zu verteidigen.
- Wir schlafen am liebsten in unserem Bau wo wir vor unliebsamen Besuchern sicher sind, und haben gelernt uns zu tarnen, zu verstellen, zu intrigieren und falsch zu spielen, weil dies auch zum
Erfolg führt.
- Wir kommunizieren größtenteils über unsere Sprache was die vorher beschriebenen unschönen Dinge noch leichter macht.
- Das Pferd ist ein Beutetier und ernährt sich vorweigend von Gräsern.
- Seitliche Augen spähen ständig nach möglichen Fressfeinden, und der Körper ist für lange schnelle Fluchten perfekt ausgestattet.
- Ein Pferd das flüchten kann, kämpft nicht, weil es dafür keine wirklichen Waffen besitzt und Flucht mehr Erfolgschancen verspricht (Im Gegensatz zu Kuh, Ziege, ect...).
- Ein recht kleiner Magen belastet nicht bei der Flucht, muss aber ständig mit Futter versorgt werden.
- Pferde haben gelernt, dass alleine sein gefressen werden bedeutet. Daher leben sie in Herden in denen sie sich die Aufgaben teilen. Das ermöglicht allen Herdenmitgliedern zu grasen, zu
schlafen und sicherer durch Tag/Nacht zu kommen. Das Weggehen eines Pferdes von der Herde erzeugt massive Unruhe – es könnte schnell dem nächsten Löwen zum Opfer fallen und fehlt dann in der
Herde.
- Pferde ziehen umher, weil sonst das spärliche Futter nicht ausreicht. Und Pferde lieben weite, hindernisfreie Landschaften, weil sich mögliche Fressfeinde wesentlich schwieriger anschleichen
können.
- Ein Fluchttier das Schwächen zeigt ist nicht gerade ein vertrauenswürdiger Partner in der Herde. Deshalb sind Pferde Meister Schmerzen und Schwächen nicht zu zeigen. Denn Pferde kommunizieren
vorwiegend über Körpersprache. Kleinste Regungen, bestimmtes Auftreten und Körperhaltungen signalisieren den anderen das Pferdeanliegen.
- Und das Wichtigste am Schluss: Pferde sind nicht berechnend – sie leben im Hier und Jetzt, und
Pferde können nicht lügen!
Den ganzen Infoschwall in der Kurzversion:
Mensch
Pferd
Räuber
Beutetier
Jäger
Fluchttier
können fasten
muss ständig fressen
Kuscheliger Bau
freies offenes Gelände
kämpferisch
immer bereit zur Flucht
planend
nicht berechnend, im Hier und Jetzt
Verbale Sprache
Körpersprache + Geruch
Wehleidig
stumm leidend
Da könnte man im ersten Hinschauen sofort erkennen
Wir passen NICHT zusammen!
und teilweise stimmt das auch. Würden wir und die Pferde unsere urtümliche Lebensweise erhalten, dann wär das Pferd ständig auf der Flucht vor uns, und manchmal am Grillspieß an unserem
Lagerfeuer.
Aber Gott sei Dank hat er die Natur nicht starr schwarz/weiß gemacht sondern veränderlich und grau. Und so haben Mensch und Pferd auch Gemeinsamkeiten.
- Wir sind beide sehr neugierig und lernen schnell. (naja...Pferde zumindest)
- Wir sind beide Rudel oder Herdentiere und brauchen soziale Kontakte und eine Gruppe, denn Gruppen versprechen Sicherheit.
- Eine Gruppe braucht Führung und für Menschen wie auch Pferde ist eine schlechte Führung immer noch besser als gar keine Führung.
- Wir können, wenn wir wollen, uns auf andere Gruppen und Tiere einstellen, auch wenn sie nicht zu unserer Gattung gehören.
Wenn wir mit Pferden arbeiten / zusammen sind, und sie reagieren plötzlich für uns vollkommen überraschend auf unerwartete Art und Weise, dann sollte man das alles kurz berücksichtigen, denn
darin liegt fast immer der Grund für das Verhalten.
Ich weiß, dass das in den wenigen Sekunden unmöglich erscheint, aber ich versuche mich immer wieder auf solche Situationen vorzubereiten, und danach, wenn der Puls wieder unter die 150er Grenze
gesunken ist, hilft mir das Nachdenken einerseits meine Emotionen im Griff zu behalten :-) und andererseits die Situation ein wenig mehr aus Pferdesicht zu sehen.
(Leittier)