Die Sache mit dem Sohlengewölbe...

Auf die Frage: Wie soll ein Huf aussehen? Erhält man oft das Ideal des Wildpferdhufes als Antwort. Das ist nachvollziehbar, schließlich leben diese Tiere (hoffentlich) in einer für sie idealen Umgebung.

Sie haben viel Bewegung, ernähren sich entsprechend, sind gesund und – brauchen keinen Hufpfleger.

Von außen betrachtet ergibt dies folgendes Bild (siehe Linkliste)

Der Huf wirkt kurz, kompakt und hat niedrige Trachen und eine kurze Zehe. Der Tragrand ist abgerundet, der Strahl groß, fest und gesund, und die Sohle besitzt ein ausgeprägtes Gewölbe.

Mit dieser Vorstellung im Kopf begann meine Hufbeurteilungsgeschichte.

Sehr schnell stellte ich aber fest, dass so ziemlich kein Pferdehuf in unserer Gegend diesem Idealbild entspricht.. Ich suchte also die Gründe dafür und stellte "überraschend" fest:

  • Hier leben keine Mustangs,
  • Wir haben weichen Wiesenboden, manchmal Asphalt oder feste Wege aber keinen Wüstenboden mit erbsengroßen Schotter

  • Unsere Pferde müssen nicht täglich 20 – 40km zurücklegen um die nötige Menge an nährstoffarmen Gräsern zusammen zu bekommen.

  • Und – Hier ist keine Prärie!

Die Hufe meines Riesenbabys sahen von außen schon sehr fein aus. Die Mustangrolle erledigte nicht der Schotterboden sondern das Barhufpfleger -Leittier :-),   und auch sonst stimmt Haltung und Ernährung – kurz: Luna ist gesund.

Von Unten betrachtet machte ich mir Anfangs große Sorgen. Der Huf war flach wie Flunder!

Der Strahl war fest und gesund, aber das Sohlengewölbe war nicht erkennbar.

Und so ging ich wieder mal auf Ursachenforschung, da ich ja glaubte, dass mit den Hufen etwas nicht stimmen konnte.

Das Ergebnis vieler Hufbeobachtungen brachte für mich folgende Erkenntnisse, welche ich auch in der Fachliteratur bestätigt fand.

  • Das Wunder Huf passt sich überraschend schnell die Bodenbedingungen an.

  • Ist das Pferd gesund, dann kümmert sich der Huf selbständig darum seine Aufgabe, nämlich das Tragen des Pferdes, zu erledigen. Voraussetzung dafür ist natürlich, dass der Hufpfleger dies zulässt und das Pferd nicht dabei behindert.

  • Das Pferdegewicht wird im Zusammenspiel von Strahl, Hufwand und Sohle getragen.

Um mit dem letzten Punkt zu beginnen:

Es erscheint logisch, dass alle Teile des Hufes an der Tragarbeit beteiligt sind. Zwar ist der Huf in der Lage das Pferdegewicht auch allein mit der Hufwand (Tragrand) oder allein mit der Sohle zu tragen, auf Dauer ist das aber nicht vorgesehen und nicht gut.

Interessant finde ich auch, dass der von uns so bezeichnete Tragrand im Lateinischen als margo solearis – also Sohlenrand - bezeichnet wird. Beobachtet man Trittsiegel von Pferden, so zeichnet sich deutlich die Hufform , der Strahl und die Form der Sohle ab. Das bedeutet, dass alle diese Teile Last aufnehmen.

 

Halten sich Pferde auf nachgebendem Untergrund (Schotter, Wiese, usw.) auf, so findet man bei deren Hufen eine ausgeprägtes Sohlengewölbe. Sogar auf sehr hartem, aber unebenen Untergrund, ist dies zu finden. Auch unsere Pferde hatten den Sommer über diese Hufform, als sie ständig raus auf die Wiese durften.

Als die Pferde mit Masse aber wieder auf Beton laufen mussten, formte sich der Huf sehr schnell um. Das Sohlengewölbe verschwand regelrecht! Im Nachhinein betrachte erscheint dies durchaus logisch, da nur so eine Lastaufnahme durch die Sohle möglich wird. Der erste Schreck, dass womöglich das Hufbein abgesunken war (bei allen Pferden gleichzeitig?) war natürlich unlogisch und auch nicht zutreffend.

Vielmehr wurde der Kronrand durch die hohe Belastung der Hufwand nach oben geschoben und die Sohle bildete Sohlenhorn, welche das Gewölbe auffüllte.

Nachdem in einem Teil des Stalles Gummimatten verlegt, und somit ein etwas nachgebender Untergrund geschaffen wurden, bröselte das nun nicht mehr benötigte Sohlenmaterial ab. Auch der Kronrand verlagerte sich etwas weiter nach unten. Das Ergebnis war eine Sohle mit leichtem Gewölbe, das aber nach außen hin abflachte und einen breiten flachen Bereich bildete.

Nachdem die Tiere wieder ganztägig auf die Koppel durften, verschwand dieser flache Bereich innerhalb weniger Tage und das ausgeprägte Sohlengewölbe war wieder da. Auch die Hufwand erschien nun als Folge des nach unten gewanderten Kronrandes, wieder viel kürzer.

 

Zusammenfasssend ist die wenig überraschende, und für mich sehr befriedigende Erkenntnis jene, dass, der Pferdekörper sich ständig an die Bedingungen anpasst und viele Dinge ausgleicht.

 

Als Hufpfleger ist es meine Aufgabe, den Mangel an pferdetypischen Umfeldbedingungen (kilometerweiter Prärieboden) auszugleichen und in Haltung und Ernährung zu beraten.

Als Pferdebesitzer ist es unser Aufgabe, für diese Ernährung und möglichst viel Bewegung zu sorgen und ständig ein Auge auf unsere anvertrauten Partner zu haben.

Das Ergebnis sind gesunde Pferde, die sich wohl fühlen, Menschen die verantwortungsvoll auf ihre Pferdepartner achten, und viele wunderschöne gemeinsame Erlebnisse, die unser Leben bereichern.