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Nervenprobe beim Spaziergang oder.... Das ist halt EURE Erziehung

Zur Osterzeit gibt es überall unterschiedliche Bräuche. Hier bei uns fliegen ja auch die Glocken davon (gemeint sind die Kirchenglocken :-)) und deren Klang wird durch Ratschen oder Böllerschießen ersetzt. Ersteres empfinde ich noch als schönes Brauchtum, zu Zweiterem hab ich ein sehr gespanntes Verhältnis.

Nicht nur dass ich es wenig entspannend finde, wenn plötzlich ein lauter Knall die Hauswände zum Vibrieren bringt. Auch unsere Tiere mögen dieses Gerummse gar nicht. Die Katze verkriecht sich möglichst tief im Bettzeug. Leider haben unsere Pferde diese Möglichkeit nicht. Zudem befindet sich die "Böllerstellung" ziemlich in der Nähe des Pferdestalles, wodurch ein besonderer Hörgenuss entsteht. Es geht mir schon ziemlich nahe, wenn man die Tiere mit weit aufgerissen Augen und geblähten Nüstern herumtänzeln sieht. Aber gegen Brauchtum kommt man natürlich nicht an.

 

Da unsere Pferde zur Zeit Koppelverbot haben, versuchen wir ihnen zumindest mit Spaziergängen und Ausritten etwas Bewegung zu verschaffen. Jascha ist als ältere Haflingerstute sehr tapfer unterwegs. Luna ist aufgrund ihrer Jugend noch ziemlich unerfahren und dadurch entsprechend nervös. Umso wichtiger erscheint es mir, dass wir das Riesenbaby so oft wie möglich zusammen mit Jascha ins Gelände bringen, um sie an die vielen "Schlimmigkeiten" der Menschenwelt zu gewöhnen. Sattelte ich bei den letzten Spaziergängen immer auf, um Luna in entspannten Teilstrecken auch zu reiten, verzichtete ich heute auf den Sattel. Der Grund war das österliche Rumgeballere.

Die heutige Strecke führte uns zuerst durchs Dorf und anschließend durch eine Wald. Der Regen erzeugte eine für Luna ungewohnte Geräuschkulisse, aber sie hielt sich super. Vorbeifahrende Autos brachten sie ebenso wenig aus der Fassung, wie die prasselnden Siloplanengeister am Wegrand.

Als wir schließlich den letzten Kilometer Richtung Stall auf der Landesstraße zurücklegten, wurden die Reize für Luna offenbar zuviel. Rechts eine steil aufragende Böschung mit Gebüsch, und recht schnell vorbeifahrende Autos auf regennasser Fahrbahn war gerade noch zu ertragen. Aber als die Böllerschießerrei einsetzte verlor Luna die Beherrschung. Sie stürmte ein paar Sprünge an mir vorbei, und drehte sich auf der Straße quer. Sie lief nicht davon, beanspruchte aber die gesamte Fahrbahnbreite, was für Autofahrer nicht so angenehm ist. Die meisten zeigten viel Verständnis und warteten geduldig ab bis ein Vorbeifahren möglich war. Einige zeigten sich nicht so erfreut darüber, dass sie gerade 2,5 Sekunden ihrer Autofahrerzeit verloren hatten.

 

Schließlich erreichten wir den Stall, wo uns der Stallbesitzer auf die Situation ansprach und meinte: "Ja das ist halt eure Erziehung". Auf meine Frage, was er damit meinte, sagte er, wir sollten unsere Pferde mal richtig erziehen.

Ich kann mir nur vorstellen welche "Erziehung" damit gemeint war.

Leider ist es immer noch weit verbreitet, dass junge Pferde nicht als Fluchttiere erkannt und behandelt werden, und ihre natürlichste Reaktion auf Angst (= Flucht) mit scharfem Gebiss oder Schlägen beantwortet wird.

Gewünscht wird ein Pferd dass bedingungslos gehorcht, ohne Reaktion jede Situation erträgt, kurz – einfach spurt. Erreicht wird dies leider immer noch durch körperliche Strafen und brechen des Pferdewillens.

Luna hat zum Glück einen starken Willen. Auch wenn sie noch in vielen Situationen ängstlich reagiert, zeigt "unsere Erziehung" offenbar doch Wirkung. Wenn Luna sich erschreckt macht sie zwar ein paar Sprünge, bleibt aber bei mir. Andere Pferde reissen sich los und stürmen kilometerweit zurück zum Stall. Das ist nicht UNSERE Erziehung.

 

 

Leittier

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